Historisch Kritische Kommentierung des Ernst-Thälmann-Denkmals

Das Gaswerk

Der Ernst-Thälmann-Park entstand auf dem Gelände eines stillgelegten Gaswerks. Ab 1873 produzierte die IV. Städtische Gasanstalt Gas für Beleuchtung sowie für industrielle und private Zwecke. Die Gas- und Kokserzeugung beeinträchtigte durch Staub- und Rußentwicklung sowie Geruchsbelästigung die Wohn- und Lebensqualität der Bewohner:innen in der Umgebung erheblich. Die Umstellung Ost-Berlins auf Erdgasversorgung ab 1979 ermöglichte die Stilllegung des veralteten Werkes im Mai 1981.

Die Hauptzufahrt zum Werksgelände an der Danziger Straße um 1982. Die Gebäude im Vordergrund sind die einzig erhaltenen. Sie werden seit 1986 und bis heute als kulturelle Einrichtungen genutzt. Links im Hintergrund eines der drei Gasometer.
Die Hauptzufahrt zum Werksgelände an der Danziger Straße um 1982. Die Gebäude im Vordergrund sind die einzig erhaltenen. Sie werden seit 1986 und bis heute als kulturelle Einrichtungen genutzt. Links im Hintergrund eines der drei Gasometer.
IRS Erkner, Wiss. Samml., Bestand Manfred Prasser, Sig. C89_F_21-023

Die drei zwischen 1889 und 1900 errichteten und weithin sichtbaren Gasbehälter waren ein Wahrzeichen von Prenzlauer Berg. Für ihren Erhalt entwickelte das Büro für Städtebau beim Ost-Berliner Magistrat Anfang der 1980er-Jahre Pläne für eine Nachnutzung und für ein Kulturhaus.

Illegal hergestellter Aufkleber, 1984. Der Umgang der DDR-Staatsmacht mit den Protesten der Bürger:innen gegen die Sprengung der Gasometer gab vielen einen Anstoß für oppositionelles Engagement.
Illegal hergestellter Aufkleber, 1984. Der Umgang der DDR-Staatsmacht mit den Protesten der Bürger:innen gegen die Sprengung der Gasometer gab vielen einen Anstoß für oppositionelles Engagement.
Museum Pankow

Dem entgegen ließ die SED-Führung die Gasometer am 28. Juli 1984 sprengen. Dies wurde mit angeblicher Baufälligkeit und Schadstoffbelastung begründet.

Das Fotografieren und Filmen der Sprengung am 28. Juli 1984 war verboten. Dennoch gelang es vielen Bürger:innen, Fotos und Filmaufnahmen zu machen.
Das Fotografieren und Filmen der Sprengung am 28. Juli 1984 war verboten. Dennoch gelang es vielen Bürger:innen, Fotos und Filmaufnahmen zu machen.
Museum Pankow

Eingaben, Bürger:innenproteste, Flugblätter gegen die Zerstörung der Gasometer blieben erfolglos. Sie wurden mit Repressionen und Verhaftungen bestraft. Zudem verlegte die Staatsführung den Termin der Sprengung der Gasbehälter vor. Polizist:innen schirmten das angrenzende Gebiet weiträumig ab und versuchten, das Fotografieren und Filmen zu verhindern. Die Sprengung der Gasometer beförderte den Vertrauensverlust in die Politik der SED-Führung. Am Ort eines der gesprengten Gasometer entstand 1987 das Zeiss-Großplanetarium als größter Kuppelbau in der DDR.

Planungen des Magistrats von 1978 für einen Freizeitpark ohne Wohnbebauung, der den Erhalt und die Umnutzung der drei Gasometer sowie ein neues Riesenrad vorsah.
Planungen des Magistrats von 1978 für einen Freizeitpark ohne Wohnbebauung, der den Erhalt und die Umnutzung der drei Gasometer sowie ein neues Riesenrad vorsah.
IRS Erkner/Wiss. Samml., Bestand Hubert Matthes